Wochenendseminar am 18. & 19. August 2023 im Liebknecht-Haus, BraustraĂźe 15, 04107 Leipzig

Trotzkis Vermächtnis ist kein einfaches. Als junger Radikaler kämpfte er in der Zweiten Internationale zusammen mit Persönlichkeiten wie Luxemburg und Lenin um die orthodoxe Anwendung der marxistischen Methode unter Bedingungen der Zuspitzung der Krise des Kapitalismus. Als Vorsitzender des Petersburger Sowjets 1905, leitende Figur der Oktoberrevolution von 1917 und Führer der Roten Armee verdiente er sich viel Prestige unter Kommunisten. Doch nach der gescheiterten Weltrevolution und Lenins Tod kam Trotzki schnell in Opposition zur neuen Führungsriege der Sowjetunion.
Im ersten Block unseres Workshops wollen wir Trotzki als Figur mit einigen über ihn verfassten jüngeren Texten einführen und dann Trotzkis politische Entwicklung in seinem eigenen Selbstverständnis vor der Oktoberrevolution und seine Rolle in der linken Opposition gegenüber der sowjetischen KP und der Kommunistischen Internationale beleuchten.
Das völlige Versagen der Kommunisten bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 ließ Trotzki zum Entschluss kommen, dass die Dritte (Kommunistische) Internationale nicht mehr zu reformieren sei. Ein neues Vehikel der Weltrevolution musste her. Im zweiten Block des Workshops wollen wir uns mit Trotzkis Versuch der Gründung einer Vierten Internationalen beschäftigen.
Nach Trotzkis Ermordung im Jahr 1940 war die noch junge trotzkistische Internationale auf sich allein gestellt. Die Entwicklungen im Trotzkismus bis in die 1970er Jahre werden wir im dritten Block des Workshops ergründen und die Frage stellen, auf welche Weise das Vermächtnis Trotzkis über den Trotzkismus in die Gegenwart hineinwirkt.
Das Seminar basiert im Wesentlichen auf einer von Platypus organisierten Vortragsreihe aus dem Jahr 2012. Es wird dringend empfohlen, diese im Voraus anzusehen. Die Leseliste besteht aus 'vorausgesetzten' und 'optionalen' Texten. Die vorausgesetzten Texte werden im Vorfeld von allen Teilnehmenden gelesen und bilden die Grundlage fĂĽr die Diskussion in der Sitzung. Es sind keine Vorkenntnisse notwendig. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen!
Empfohlene Materialien zur Vorbereitung:
- "The Legacy of Trotskyism" Platypus Lecture series 1: 1879-1905 & an Overview of Trotskyism (6/16/12)
- "The Legacy of Trotskyism" Platypus Lecture series 2: 1905 - 1917 (6/23/12)
- "The Legacy of Trotskyism" Platypus Lecture series 3: 1917 - 1923 (6/30/12)
- "The Legacy of Trotskyism" Platypus Lecture series 4: 1923 - 1933 (7/07/12)
- "The Legacy of Trotskyism" Platypus Lecture series 5: 1933 - 1940 (7/14/12)
- "The Legacy of Trotskyism" Platypus Lecture series 6: 1940 - 1953 (7/21/12)
- "The Legacy of Trotskyism" Platypus Lecture series 7: 1953 - 1963 (7/28/12)
- "The Legacy of Trotskyism" panel (4/30/11) [als Text]
zusätzlich empfohlen:
- Tariq Ali und Phil Evans, Trotzki für Anfänger (1980)
- Isaac Deutscher, Trotzki: Der bewaffnete Prophet (1954), Trotzki: Der unbewaffnete Prophet (1959), Trotzki: Der verstoĂźene Prophet (1963)
Block I – Trotzki 1879-1933
Freitag, 18. August 17-20 Uhr, Liebknecht-Haus, BraustraĂźe 15, Leipzig
vorausgesetzt:
- Platypus Historians Group, “The dead Left: Trotskyism” (2008)
- Richard Rubin, "Der Niedergang der Linken im 20. Jahrhundert: 1933" (2009)
- Ian Morrison, “Trotsky’s Marxism” (2011)
- Nicolas KrassĂł, "Trotzkis Marxismus" (1967)
- Leo Trotzki, "Sozialismus in einem Lande?" aus Geschichte der Russischen Revolution (1930)
optional:
- Trotzki, Ergebnisse und Perspektiven (1906)
- Trotzki, 1917 – Die Lehren des Oktobers (1924)
- Trotzki, "Die Ergebnisse und Perspektiven der chinesischen Revolution und ihre Lehren für die Länder des Ostens und die gesamte Komintern", Dritter Teil aus Die Dritte Internationale nach Lenin (1928)
- Platypus Teach-In "Trotzki als Kritiker des Stalinismus" (2022)
Block II – Trotzki und die Vierte Internationale
Samstag, 19. August 11-14 Uhr, Liebknecht-Haus, BraustraĂźe 15, Leipzig
vorausgesetzt:
- Trotzki, "Man muss von neuem kommunistische Parteien und eine Internationale aufbauen" (1933)
- Trotzki, "Spanische Lehren" (1937)
- Trotzki, "Die Unvermeidlichkeit einer neuen Revolution" aus Verratene Revolution (1936)
- Trotzki, "Brief an James P. Cannon" (12. September 1939) aus Verteidigung des Marxismus
- Trotzki, "Die UdSSR im Krieg" (25. September 1939) aus Verteidigung des Marxismus
- Trotzki, "Eine kleinbĂĽrgerliche Opposition in der Socialist Workers Party" (15. Dezember 1939) aus Verteidigung des Marxismus
optional:
- Trotzki, "Wenn Amerika kommunistisch wĂĽrde" (1934)
- Trotzki, "Bolschewismus und Stalinismus" (1937)
- Trotzki, Der Todeskampf des Kapitalismus und die Aufgaben der 4. Internationale (Das Ăśbergangsprogramm) (1938)
- Trotzki, "Die Gewerkschaften in der Epoche des imperialistischen Niedergangs" (1940)
- Platypus Teach-In "James Burnham and the Left Today" (2021)
Block III – Trotzkismus nach Trotzki
Samstag, 19. August 16-19 Uhr, Liebknecht-Haus, BraustraĂźe 15, Leipzig
vorausgesetzt:
- Ernest Mandel (Germain), The Theory of “State Capitalism“ (1951)
- Tony Cliff, “The coming Russian revolution” aus Russia: A Marxist Analysis (1964)
- Spartacist League, "Genesis of Pabloism" (1972) [deutsch]
optional:
- Michel Pablo, "Where are we going?" (1951)
- Cliff Slaughter, "What is Revolutionary Leadership?" (1960)
- Revolutionary Tendency of the Socialist Workers Party/U.S., "In Defense of a Revolutionary Perspective" (1962)
Die „Linke“ hat sich angesichts der Ukraine entlang der Frage zerstritten, welchen kapitalistischen Politikern sie im gegenwärtigen Konflikt nacheifern und hinterherlaufen soll, wobei sie in ihrer üblichen Manier übermäßiger Sportbegeisterung johlend am Spielfeldrand steht. Manche innerhalb der „Linken“ haben sich hinsichtlich Russlands „Militäroperation zur Entnazifizierung“ der Ukraine als „Antifaschisten“ positioniert – ob aufseiten der Ukraine oder aufseiten Russlands. Andere innerhalb der „antiimperialistischen Linken“ lecken sich die Finger in der Hoffnung auf eine neue Antikriegsbewegung, die aus Angst davor, dass Kritik an der Biden-Regierung die ansonsten unvermeidliche Rückkehr Trumps als US-Präsident befördern könnte, nicht entstehen wird: Die „Linke“ in all ihren Spielarten wird wie immer dem Bedarf der US-amerikanischen Demokratischen Partei entsprechend ein- und ausgeschaltet.
Im Zuge der russischen Invasion der Ukraine haben manche auf der Linken versucht, die gegenwärtige Krise durch Bezugnahme auf Imperialismus und nationale Selbstbestimmung sowie mittels der Rolle marxistischer Revolutionäre wie Lenin im Ersten Weltkrieg zu verstehen. Wie sollte die Linke die gegenwärtige Krise in der Ukraine verstehen? Welche Bedeutung haben diese Begriffe – Imperialismus, Antiimperialismus und nationale Selbstbestimmung – für die Linke heute? Wie denken wir heute über den Slogan, den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg zu verwandeln, vor dem Hintergrund der Abwesenheit einer internationalen Linken nach?
Wochenendseminar am 07. & 08. Juli 2023 im Liebknecht-Haus, BraustraĂźe 15, 04107 Leipzig

Im amerikanischen Volke lebt eine revolutionäre Tradition, die die besten Vertreter des amerikanischen Proletariats übernommen haben – jene Vertreter, die wiederholt ihre völlige Solidarität mit uns, Bolschewiki, kundgaben. Diese Tradition rührt aus dem Befreiungskriege gegen die Engländer im 18. Jahrhundert und dem Bürgerkriege im 19. Jahrhundert her. 1870 stand Amerika in gewisser Hinsicht – berücksichtigt man bloß die „Zerstörung“ einiger Zweige der Industrie und der Volkswirtschaft – weit hinter 1860 zurück. Aber wie pedantisch, ja geradezu idiotisch müsste ein Mensch genannt worden, der auf Grund dessen die höchste universell-historische, fortschrittliche und revolutionäre Bedeutung des amerikanischen Bürgerkrieges von 1863–1865 leugnen wollte.
Lenin (1918), Brief an die amerikanischen Arbeiter
Gerade während der Wahlzyklen wird die Frage nach der revolutionären Tradition der Vereinigten Staaten von allen politischen Strömungen aufgegriffen. Der rote Faden, der sich durch das Wochenendseminar zieht – bestehend aus drei aufeinander aufbauenden Blöcken: 1776, Amerikanischer Bürgerkrieg und Sozialismus in Amerika – ist das Fortbestehen und Erbe der Revolution. Wir stellen uns die Frage: Inwiefern bleibt Amerika eine revolutionäre Gesellschaft? Wie hat jedes Kapitel der amerikanischen Geschichte seit dem Beginn der Revolution im Jahr 1776 einen neuen Impuls gegeben? Dazu betrachten wir die Amerikanische Revolution aus der Perspektive der weltgeschichtlichen bürgerlichen Revolution und ihrer Krise namens Kapitalismus. Wir wollen uns die Bedeutung der revolutionären Geschichte Amerikas für Marx, die Entstehung der Ersten Internationalen und die Gründung der Zweiten Internationalen erarbeiten. Die drei Themenblöcke bauen aufeinander auf.
Das Seminar basiert im Wesentlichen auf einer von Platypus organisierten Vortragsreihe aus dem Jahr 2020. Es wird dringend empfohlen, diese im Voraus anzusehen. Die Leseliste besteht aus 'vorausgesetzten' und 'optionalen' Texten. Die vorausgesetzten Texte werden im Vorfeld von allen Teilnehmenden gelesen und bilden die Grundlage fĂĽr die Diskussion in der Sitzung. Es sind keine Vorkenntnisse notwendig. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen!
Empfohlene Vorträge zur Vorbereitung:
- American Revolution Platypus Lecture series: 1. (English) Colonial America - The Legacy of the American Revolution (6/12/20)
- American Revolution Platypus Lecture series: 2. The American Revolution - The Legacy of the American Revolution (6/19/20)
- American Revolution Platypus Lecture series: 3. The Jeffersonian Revolution - The Legacy of the American Revolution (6/26/20)
- American Revolution Platypus Lecture series: 4. Jacksonian Democracy - The Legacy of the American Revolution (7/3/20)
- American Revolution Platypus Lecture series: 5. The Civil War and Failed Reconstruction - The Legacy of the American Revolution (7/10/20)
- American Revolution Platypus Lecture series: 6. The Gilded Age - The Legacy of the American Revolution (7/17/20)
- American Revolution Platypus Lecture series: 7. American Communists & the Legacy of the Revolution - The Legacy of the American Rev. (7/24/20)
- American Revolution Platypus Lecture series: 8. The Fate of the American Revolution (7/31/20)
Block I – Die Amerikanische Revolution – 1776
Freitag, 7. Juli 16-19 Uhr, Liebknecht-Haus, BraustraĂźe 15, Leipzig
vorausgesetzte Texte:
- Benjamin Constant Von der Freiheit des Altertums, verglichen mit der Freiheit der Gegenwart (1819)
- English Bill of Rights (1689)
- James Vaughn 1776 in world history: The American Revolution as bourgeois revolution (2014)
- Engels Minutes of Engels’s Lecture to the London German Workers’ Educational Society on November 30,1847
- Thomas Jefferson “original Rough draught" of the Declaration of Independence (1776)
- Thomas Jefferson some quotations selected by Chris Cutrone
- Thomas Jefferson to Henri Gregoire, February 25, 1809, from The Works of Thomas Jefferson in Twelve Volumes. Federal Edition. Collected and Edited by Paul Leicester.
- Thomas Jefferson to John Holmes 4/22/1820, in The American Debate over Slavery, 1760–1865: An Anthology of Sources, ed. Scott J. Hammond, Kevin R. Hardwick, and Howard Lubert (Indianapolis: Hackett Publishing, 2016), 101–102.
- Thomas Paine Excerpts Common Sense (1776)
- Richard Price Excerpts: Observations on the Importance of the American Revolution and the Means of Making It a Benefit to the World (1784)
optionale Texte:
- Excerpts from John Locke, Second Treatise on Government (1690)
- Excerpts from Jean-Jacques Rousseau, The Social Contract (1762)
- Excerpts from Adam Smith, The Wealth of Nations (1776)
- Thomas Paine, Common Sense (1776) [full text]
- “Natural and Inalienable Right to Freedom”: Slaves’ Petition for Freedom to the Massachusetts Legislature, 17 January 1777, Collections of the Massachusetts Historical Society, 5th Series, III (Boston, 1877), pp. 436–37.
- Sh*t Platypus Says (SPS) Episode 26 on 1776 (June 29, 2020)
- Teach-in James Vaughn The American Revolution and the Left (02/20/23)
- James Vaughn, History of Humanity, 1600-1763 (2012)
- James Vaughn, The History of Humanity, Pre-1750 (2012)
- Film, Jefferson in Paris (1995)
- Film, Sally Hemings: An American Scandal (2000)
Block II – Der Amerikanische Bürgerkrieg
Samstag, 8. Juli 10-13 Uhr, Liebknecht-Haus, BraustraĂźe 15, Leipzig
vorausgesetzte Texte:
- Frederick Douglass, “What to the Slave Is the Fourth of July?” (1852)
- Lincoln, Letter on “all honour on Jefferson” (1859)
- Frederick Douglass, The Constitution of the United States: Is it Pro-Slavery or Anti-Slavery? (1860)
- Lincoln, Cooper Union Address (1860)
- Lincoln, Address at Independence Hall (1861)
- Karl Marx on the US Civil War, selections from Marx and Engels on Imperialism, ed. with intro by Spencer A. Leonard
- Marx Die Amerikanische Frage in England (1861)
- Marx Die Londoner “Times” und Lord Palmerston (1861)
- Marx Die Londoner “Times” über die Prinzen von Orléans in Amerika (1861)
- Marx Der BĂĽrgerkrieg in den vereinigten Staaten (1861)
- Marx Ein Londoner Arbeitermeeting (1862)
- Marx Ein Vertrag gegen den Sklavenhandel (1862)
- Marx Zur Kritik der Dinge in Amerika (1862)
- Marx Zu den Ereignissen in Nordamerika (1862)
- Lincoln, Letter to Horace Greeley (1862)
- Lincoln, Gettysburg Address (1863)
- Marx, First International Address on Reelection of Abraham Lincoln (1864)
optionale Texte:
- Alexander H. Stephens (Confederate Vice President) Cornerstone Speech (1861)
- Marx Der nordamerikanische BĂĽrgerkrieg (1861)
- Lincoln Address to Congress (1862)
- Karl Korsch Der Marxismus der Ersten Internationale (1924)
- Spencer Leonard, For liberty and union: An interview with James McPherson in The Platypus Review 53, February 2013.
- Spencer Leonard, Marx and Engels on Imperialism: Selected Journalism 1851-62 (2021)
- open yale course (Lecture 1-27) by David Blight; The Civil War and Reconstruction Era, 1845-1877
- Film, Glory (1989)
- Film, Lincoln (2012)
 ! Mittagspause von 13-15 Uhr !
Block III – Sozialismus in Amerika
Samstag, 8. Juli 15-18 Uhr, Liebknecht-Haus, BraustraĂźe 15, Leipzig
vorausgesetzte Texte:
- Chris Cutrone, The end of the Gilded Age: Discontents of the Second Industrial Revolution today (2017) und Gilded Age socialism — historically past? (2023)
- Eugene Debs, “Competition vs. Cooperation” (1900)
- Debs, “The Mission of Socialism” (1901)
- Debs, “How I Became a Socialist” (1902)
- Debs, “Socialist Ideals” (1908)
- Panel: Second International Marxism in America: Origins and Crisis (2023)
optionale Texte:
- Ed Remus, Debsian Socialism in the Rearview Mirror (2023)
- Film, Oliver Stone’s Untold History of the United States: Prequel Episode A: 1900-20
- Film, The Roosevelts: An Intimate History: Episodes 1-3: Get Action, In the Arena, The Fire of Life
- Chris Cutrone, “The American Revolution and the Left” (2020)
Einige der größten Proteste des letzten Jahrzehnts hatten präfigurativen Charakter. Darunter Occupy und die Indignados-Bewegung (2011), die französischen zones à défendre (ZAD, 2011–18), die Gezi-Park-Proteste in Istanbul (2013), die Regenschirm-Bewegung in Hongkong (2014), die französische Versammlungsbewegung Nuit debout (2016), die Dakota Access Pipeline-Proteste in Standing Rock (2016) und die Capitol Hill Autonomous Zone in Seattle (2020). Hinzu kommen die von Gruppen wie Extinction Rebellion und Ende Gelände organisierten Klimacamps. Die meisten dieser Proteste nahmen die Form einer Besetzung an und errichteten semi-permanente Protestcamps. Diese Camps dienten einem praktischen Zweck – sie ermöglichten es den Protestierenden, ihren Protest aufrechtzuerhalten –, aber sie dienten auch als Modell für eine alternative Gemeinschaft mit ihren eigenen Codes und Werten.