Mit der erfolgreichen Revolte des Dritten Standes schien es, als würde die Menschheit endlich ihren „natürlichen“ Zustand der Aufklärung erreichen, sowohl hinsichtlich der natürlichen Umwelt wie auch der Beziehungen der Menschen untereinander. Scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten eröffneten sich, und das dunkle Zeitalter war endlich für beendet erklärt.
Im Zuge der Industriellen Revolution des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts entwickelte sich jedoch ein neuer „Widerspruch“ in der bürgerlichen Gesellschaft: der des Werts des Kapitals gegenüber dem Wert der Arbeitskraft. Mit diesem Widerspruch trat auch ein neuer sozialer und politischer Konflikt zutage: der „Klassenkampf“ der Arbeiter für den Wert ihrer Löhne gegen das unbedingte Gebot der Kapitalisten, den Wert des Kapitals zu bewahren und zu vergrößern.
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Es ist mitunter die Mobilmachung gegen die technisierte und verwaltende Politik, welche Rechtspopulisten zurzeit bemüht sind, gegen das politische Establishment in Stellung bringen. Zu denken, mit „Establishment“ sei direkt die ökonomisch herrschende Klasse gemeint, ist ein politisches Fehlurteil. Denn im Zentrum steht die Unterscheidung von Politik und einem administrativen Politikapparat. Es handelt sich dabei um jene Unterscheidung, die sich im 20. Jahrhundert von verschiedenen Seiten zur dominantesten Kritikform des Politischen entwickelte.
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In den 1980er Jahren verabschiedete sich eine ganze Generation Intellektueller im Zeichen der Postmoderne von jeglicher Utopie. Doch bereits zuvor war die Neue Linke in den 60er und 70er Jahren mit ihrer Rückkehr zu Marx gescheitert. Aus Sicht von Althusser inszenierten die Studenten weltweit 1968 eine „ideologische Revolte“. Sie revolutionierten den kulturellen Überbau, aber nicht die sozialen und politischen Verhältnisse. Er bemerkte damit das Ende der Neuen Linken, die sich dafür entschied, Politik gegen Protest einzutauschen. Das politische Scheitern der Neuen Linken 1968 ebnete sowohl der Post-Moderne als auch dem Post-Marxismus den Weg. Ihre historischen und intellektuellen Ursprünge kreuzen sich.
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Am 07.12.2017 organisierte Platypus eine Podiumsdiskussion in Frankfurt mit dem Titel „Was ist Sozialismus? Zur internationalen Sozialdemokratie“. Die Podiumssprecher wurden dazu eingeladen, die Geschichte der Sozialdemokratie aus linker Perspektive zu reflektieren: Wie sind Sozialdemokratie und soziale Revolution heute, in Anbetracht der Geschichte, noch verbunden? Wofür steht die Sozialdemokratie politisch? Es wurden eingeladen: Hans-Gerd Öfinger (International Marxist Tendency), André Leisewitz (Zeitschrift Marxistische Erneuerung), Martin Veith (Institut für Syndikalismusforschung), Lukas Schneider (Jusos Frankfurt) und Christoph Spehr (Die LINKE).
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Hans Jürgen Urban trat 1984 in die IG Metall ein und ist seit 2007 geschäftsführendes Vorstandsmitglied. Die Fragen im Interview wurden von Daniel Schultz und Anne Franz erarbeitet. Das Interview selbst führte Daniel Schultz. Beide sind Mitglieder der Platypus Affiliated Society.
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