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You are here: The Platypus Affiliated Society/Archive for category Ausgabe #32

Michael Sappir war von 2022 bis 2023 Redaktionsleiter der SDS-Zeitung critica und MitbegrĂŒnder des JĂŒdisch-israelischen Dissens Leipzig. Zusammen mit Lena Obermaier ist er Co-Host vom Podcast Parallelwelt PalĂ€stina.

Wie sollte die Linke die gegenwĂ€rtige Krise im Nahen Osten, ihre UrsprĂŒnge und ihre historische Bedeutung verstehen? Welche positive oder negative Rolle hat die Linke bei der Gestaltung dieser VerhĂ€ltnisse gespielt? Gibt es eine linke Alternative zur gegenwĂ€rtigen Eskalation des Blutvergießens? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Was sind die Ziele der Linken im Nahen Osten im weiteren Sinne? Wie verhalten sich diese zu den Aufgaben, vor denen die Linke hier steht? Kann eine Befreiung PalĂ€stinas erreicht werden? Wenn ja, auf welchem Weg?

Die Umrisse des heutigen Nahen Ostens sind von einem Triptychon aus Völkermord und ethnischen SĂ€uberungen geprĂ€gt, das Mitte des 20. Jahrhunderts Gestalt annahm. Der erste Teil dieses Triptychons besteht aus dem „Holocaust“ („Schoa“ auf HebrĂ€isch, „Churbn“ auf Jiddisch), der systematischen Ermordung von etwa zwei Dritteln der europĂ€ischen Juden durch die Nazis zwischen 1941 und 1945. Der zweite Teil besteht aus der ethnischen SĂ€uberung PalĂ€stinas durch die Zionisten zwischen 1947 und 1949, der „Nakba“. Der dritte Teil schließlich, der keine allgemeingebrĂ€uchliche Bezeichnung hat, besteht aus der Vertreibung hunderttausender mizrachischer Juden aus den arabischen LĂ€ndern. Diese verschlug es grĂ¶ĂŸtenteils nach Israel, wo sie den zionistischen Staat auf entscheidende Weise stĂ€rkten, obwohl sie vielfach rassistischer Diskriminierung durch aschkenasische Juden ausgesetzt waren. Jede einzelne dieser Katastrophen war nicht nur das Ergebnis des Scheiterns der Linken, sondern ebnete auch den Weg fĂŒr weitere Niederlagen.

Was die Nazis den Juden antaten, war unsagbar: die Sprachen hatten kein Wort dafĂŒr, denn selbst Massenmord hĂ€tte gegenĂŒber dem Planvollen, Systematischen und Totalen noch geklungen wie aus der guten alten Zeit des Degerlocher Hauptlehrers. Und doch mußte ein Ausdruck gefunden werden, wollte man nicht den Opfern, deren es ohnehin zu viele sind, als daß ihre Namen erinnert werden könnten, noch den Fluch des Nicht gedacht soll ihrer werden antun. So hat man im Englischen den Begriff genocide geprĂ€gt.