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Warum nicht nochmal Trump?

Die Platypus Review Ausgabe 13 | Sommer 2020

Chris Cutrone

Chris Cutrone ist Mitglied der Platypus Affiliated Society und hat diesen Text am 4. Dezember 2019 an der School of the Art Insitute in Chicago vorgetragen. UrsprĂŒnglich erschien der Text in der englischen PR # 123, Februarausgabe 2020. Eine Videoaufnahme des Vortrags mit anschließender Diskussion ist hier online verfĂŒgbar.


„Nothing’s ever promised tomorrow today 
 It hurts but it might be the only way.”
Kanye West, “Heard ‘Em Say” (2005)

„You can't always get what you want / But if you try, sometimes you find / You get what you need.”
The Rolling Stones (1969)

Kayne West beschuldigte eins PrĂ€sident George W. Bush, „sich nicht um Schwarze zu kĂŒmmern.“ Das gleiche Urteil fĂ€llt West nun ĂŒber die Demokraten. Seiner Ansicht nach ist nur Trump derjenige, der sich ernsthaft um die Belange der Schwarzen sorge.

West, der seinen Ehrendoktor einst von der School of the Art Institute of Chicago erhielt, will zurĂŒck nach Chicago ziehen, weg von Hollywood, welches er als „The Sunken Place” [Anm.: Anspielung auf Jordan Peeles Horrorfilm Get Out] beschreibt.

Dank der Überzeugungsarbeit von Wests Ehefrau Kim Kardashian entließ PrĂ€sident Trump die schwarze Großmutter Alice Johnson vorzeitig aus dem GefĂ€ngnis und initiierte den „First Step Act“, ein Bundesgesetz zur Reform des amerikanischen Strafvollzuges. HĂ€ftlinge werden so in den im Zuge der wirtschaftlichen Erholung boomenden Arbeitsmarkt entlassen. Nach dem Ende der Großen Rezession steigt nun die Nachfrage nach ArbeitskrĂ€ften, das massenhafte Einsperren von kleinkriminellen Arbeitslosen ist nicht mehr zeitgemĂ€ĂŸ.

Trump gewann den PrĂ€sidentschaftswahlkampf 2016 mit dem Ruf nach „Jobs, Jobs, Jobs!”. Seine Partei steht ihm zufolge fĂŒr „das Recht auf Leben und die WĂŒrde der Arbeit”. Dies sei die eigentliche Bedeutung seines Slogans „Make America Great Again“. Dass er dieses Versprechen gehalten hat, wird der Grund fĂŒr seine Wiederwahl sein.

Trump trifft den Kern der Sache, wenn er das jetzige Amtsenthebungsverfahren als Farce bezeichnet. Die Demokraten und der Biden-Clan stecken all ihre Energie in dieses Verfahren, angetrieben vom Zorn darĂŒber in ihrer schamlosen, politischen Korruption bloßgestellt worden zu sein. Nach der Abreibung, die er den Clintons 2016 erteilt hat, fĂ€hrt Trump in derselben Tonart mit den Bidens fort. Es wĂ€re illusorisch zu glauben, dass er sich stoppen lassen wird. Seit er gewĂ€hlt wurde, wollten die Demokraten Trump aus dem Amt werfen, sogar schon davor. Aber sie haben sich erst dazu bequemt, als Trump sie und ihren Favoriten Biden demaskierte.

Trump bot parteiĂŒbergreifende Zusammenarbeit bei jedem Thema an, von der Handelspolitik bis hin zur Einwanderungsreform. Er war sogar der Meinung, als er den Demokraten zu ihrem Erfolg bei den Midterms 2018 gratulierte, dass er seine Agenda mit einem von Demokraten dominierten Kongress wahrscheinlich besser umsetzen könne, da er nun keine RĂŒcksicht auf den Widerstand konservativer Mainstream-Republikaner mehr nehmen mĂŒsse. In seiner Ansprache zur Lage der Nation dieses Jahr kontrastierte Trump sein Angebot von Verhandlung und Kooperation mit der Methode der Demokraten, der Androhung von Ermittlungsverfahren. Nun finden sich jene FunktionĂ€re des FBI, der CIA und anderer Nachrichtendienste, die Trump wegen politischen Differenzen anklagen wollten, selbst im Visier von Ermittlungsverfahren. Einige von ihnen werden wohl im GefĂ€ngnis landen. Der aufgeblĂ€hte Geheimdienstapparat ist bestĂŒrzt und tritt vor Trump den RĂŒckzug an. – Gut so!

Was lĂ€sst sich gegen Trumps Wiederwahl vorbringen? Dass er als PrĂ€sident der USA untragbar sei? Dass Trump das Handwerk gelegt werden muss, weil der Welt, den Kindern, die unter erbĂ€rmlichen Bedingungen in abscheulichen Asylzentren interniert werden, den Gletschern, die ins Meer stĂŒrzen, die Zeit davonlĂ€uft? Beides wĂŒrde weiterhin geschehen, mit oder ohne Trump. Die Demokraten können diese Dinge nicht aufhalten, noch wollen sie das – nicht einmal verlangsamen wĂŒrden sie all das.

Was also sprĂ€che dafĂŒr, die Demokraten zu wĂ€hlen? Ein „Green New Deal”? – Den wird’s nicht geben: Obama hatte ihn schon 2008 versprochen. Dass „Anstand“ und „Höflichkeit“ wieder zu ihrem angeblich angestammten Platz in der amerikanischen Öffentlichkeit zurĂŒckfĂ€nden? Wie unter Obama? Also dieselben ZustĂ€nde, nur mit einem milden LĂ€cheln statt mit einem hĂ€mischen Grinsen?

Obama ging den Trump-UnterstĂŒtzern damit auf die Nerven, Trumps Vertrauen in Amerika beruhigte sie: Sein LĂ€cheln ist nicht sarkastisch, Obamas jedoch war es oft. Aber hĂ€tten die Demokraten dieses Grinsen nicht verdient?

Werden die Demokraten eine kostenlose GesundheitsfĂŒrsorge fĂŒr alle einfĂŒhren? Nie im Leben!

Trump auch nicht. Aber nicht, weil er es nicht wollen wĂŒrde: Er will es; fĂŒr ihn ist es absurd, wenn sich das reichste Land der Weltgeschichte nicht um seine BĂŒrger kĂŒmmern kann. Aber man tut, was man kann.

Der letzte Vorschlag, eine staatliche Krankenversicherung einzufĂŒhren, kam von Nixon. Aber er wurde von Demokraten und auch Republikanern verhindert. Nixon schlug ein bedingungsloses Grundeinkommen vor – aber die Demokraten waren dagegen, besonders ihre Gewerkschaften, die zu Recht argumentierten, dass Arbeitgeber dies als Ausrede nutzen wĂŒrden, um die Löhne zu drĂŒcken. Abtreibung wurde legalisiert, als man weniger Arbeiter brauchte.

Aber das waren andere Zeiten – vor dem langen wirtschaftlichen Abschwung nach 1973, der zu den letzten knapp 40 Jahren Neoliberalismus, AusteritĂ€t und einer Gesellschaft voller defensiver Eigensucht und Pessimismus fĂŒhrte. Jetzt scheint es wahrscheinlich, dass wir vor einer Periode kapitalistischen Wachstums – und Optimismus – stehen, die ĂŒber eine Generation anhalten könnte. Zumindest scheint dies möglich. Nixon und Mao stimmten ĂŒberein: „Was die Linke vorschlĂ€gt, setzen wir [die Rechte] um.”

Stehen wir am Anbeginn einer neuen, post-neoliberalen Ära des Progressivismus? Seit euch nicht zu sicher – zumindest nicht von Seiten der Demokraten! Sie werden Bernie Sanders nicht als ihren PrĂ€sidentschaftskandidaten zulassen. – Wahrscheinlich werden sie auch Warren verhindern. Und ĂŒberhaupt, nach Obama, wĂŒrde ihnen ohnehin niemand glauben. Selbst wenn Bernie PrĂ€sident werden wĂŒrde, beide Parteien, sowohl Republikaner als auch Demokraten, stĂ€nden ihm feindlich im Kongress gegenĂŒber. Unwahrscheinlich, dass das „Squad” um AOC u. a. wiedergewĂ€hlt wird, geschweige denn die Reihen der demokratischen Fraktion mit weiteren selbsternannten „Demokratischen Sozialisten“ fĂŒllt. Die DSA (Democratic Socialists of America) haben ihre besten Zeiten hinter sich, lange bevor sie sich zum bloßen Stimmenwerber der Demokraten (ohne Sozialismus) degradierten. Die Zukunft gehört nicht ihnen, sondern dem GeneralsekretĂ€r der Chinesischen Kommunistischen Partei Xi Jinping, zu Gast bei Trump in Mar-a-Lago. Der Klimawandel muss von China aufgehalten werden.

(Der beste Indikator, ob ein Wahlkreis 2016 an Trump gehen wĂŒrde, war die PrĂ€senz von MilitĂ€r-Familien – nicht ihres Patriotismus wegen, sondern aufgrund von Erschöpfung: Trump hat sein Versprechen gehalten, die USA aus dem Krieg gegen den Terror zurĂŒckzuziehen und gleichzeitig das MilitĂ€r besser zu finanzieren. Er ist der PrĂ€sident des Friedens, der Obama sein sollte. WĂ€hrend er Entspannung und diplomatische Lösungen mit allen verfolgt – sei es Nordkorea, der Iran, oder die Taliban – flĂŒchten die Neocons zu den Demokraten.)

Die Argumente der Demokraten gegen Trump waren pessimistisch und konservativ, misstrauisch und argwöhnisch gegenĂŒber der amerikanischen WĂ€hlerschaft – dem gegenĂŒber zeigt Trump unerschĂŒtterliches Vertrauen und Optimismus, grĂŒndend im Glauben an die amerikanische Gesellschaft. Trump hĂ€lt jene, die ihn nicht wĂ€hlen, fĂŒr Irrende – nicht fĂŒr Feinde. Aber die Demokraten sehen die Trump-WĂ€hler als feindlich, abscheulich, sogar unverbesserlich an.

Meine muslimischen Freunde, die gegen Trump sind – die HĂ€lfte unterstĂŒtzt ihn – sagten, dass sie von ihren Nachbarn nach seiner Wahl 2016 anders angesehen wurden: misstrauisch. Aber ich denke, dass die Wahl sie die Amerikaner hat anders sehen lassen: misstrauisch. Aber dies ist dasselbe Land, welches zweimal Obama wĂ€hlte.

Wenn Trumps Amerika wirklich so hasserfĂŒllt ist, wie es die Demokraten beschreiben, zum Beispiel wĂ€hrend der LGBTQ+ Town Hall auf CNN, wo Demonstranten die prekĂ€re Situation von nichtweißen Transfrauen zur Sprache brachten, dann mĂŒsste auch zugegeben werden, dass diese Gewalt nicht primĂ€r von reichen, weißen Hetero-MĂ€nnern verĂŒbt wird, sondern von meist nichtweißen, heterosexuellen CismĂ€nnern und -frauen. Sollten wir diese deshalb weiter einkerkern?

Die einzige Lösung der Demokraten fĂŒr Rassismus, Sexismus und Homophobie ist, Leute zu feuern und in den Knast zu werfen. – Wohingegen Trump sie aus dem Knast holt und ihnen ArbeitsplĂ€tze verschafft.

Vielleicht wÀre allen geholfen, wenn sie einen ordentlichen Job hÀtten.

Also: Warum nicht nochmal Trump?