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Platypus: Pseudo-„Marxistisches“, Pro-Imperialistisches, Akademisches Geschwätz

vom Spartacus Youth Club

Der vorliegende Text wurde vom Spartacus Youth Club (SYC), der Jugendorganisation der Spartacist League/US (Internationale Kommunistische Liga/Vierte Internationalisten), in Form eines Flugblatts am 6. November 2007 im Rahmen der von Platypus am School of the Art Institute of Chicago (SAIC) organisierten Podiumsdiskussion The 3 Rs: Reform, Revolution, and ‚Resistance‘: The Problematic Forms of ‚Anticapitalism‘ Today [Reform, Revolution, Widerstand: Problematische Formen des heutigen Antikapitalismus] sowie am 12. November 2007 an der University of Chicago (U of C) verteilt. Das englische Original ist online abrufbar unter: https://platypus1917.org/wp-content/uploads/readings/spartacist_antiplatypus110607.pdf. Chris Cutrones Antwort auf das Flugblatt ist online abrufbar unter: https://platypus1917.org/2024/10/01/cutrone_antwortbrief_sparts/. Der Text wurde von Platypus-Mitglied Tobias Rochlitz ins Deutsche übersetzt.

Die Platypus-Gruppe, ein in Chicago ansässiger pseudo-„marxscher“ Studienzirkel – dessen entscheidender Standpunkt die Unterstützung der US-Besatzung im Irak ist –, ist ein akuter, wenn auch nebensächlicher Ausdruck der pro-imperialistischen „Tod-des-Kommunismus“-Politik. Ihre Perspektive ist von der Konterrevolution 1991/92 in der Sowjetunion geprägt, eine historische Katastrophe für die Arbeiter und Unterdrückten weltweit, die nicht nur Russland und Osteuropa verwüstete, sondern auch das zentrale militärische Hindernis für die blutdurchtränkten imperialistischen Abenteuer der US-Machthaber beseitigte. Im Sog dieser Ereignisse posaunten bürgerliche Ideologen aus: „Der Kommunismus ist tot“ und der Sozialismus sei ein „gescheitertes Experiment“. Die reformistischen „Sozialisten“, von denen die meisten das Ende der UdSSR beklatschten, haben diese Lügen bereitwillig akzeptiert. Heute akzeptieren die Reformisten die imperialistische Ordnung als unantastbar, während sie die herrschende Klasse lediglich unter Druck zu setzen versuchen, einem verlogenen Ideal von liberaler bürgerlicher „Demokratie“ zu entsprechen.

Platypus verbindet das Schlimmste aller Welten: das Schlimmste der reformistischen Linken, das Schlimmste der bürgerlichen akademischen Welt, das Schlimmste des postmodernen Geschwätzes. Platypus ist vor allem an der University of Chicago (U of C) und am School of the Art Institute of Chicago (SAIC) aktiv, zwei Bollwerken des Klassenprivilegs und der akademischen Überheblichkeit. Platypus‘ Guru ist ein gewisser Chris Cutrone, ein Dozent am SAIC und Doktorand an der U of C, der in den 1990ern kurz den Spartacist Youth Club (SYC) durchlaufen hatte. Seine Platypus-Truppe ist für uns vor allem deswegen erwähnenswert, da ihre Leselisten eine Reihe unserer Spartacist-Polemiken zu Themen wie Imperialismus, der Neuen Linken und schwarzem Nationalismus umfasst. Aber Platypus beraubt unsere trotzkistischen Argumente jedes revolutionären Inhalts, um sie ihren eigenen reaktionären anti-marxistischen Zielen anzupassen. Daher ist es notwendig, einige grundlegende marxistische Prinzipien zu wiederholen und die pro-imperialistische Politik dieser universitären Laberbude zu entlarven – für den Fall, dass sich irgendjemand täuschen lassen sollte, dass Platypus irgendetwas, „theoretisch“ oder anderweitig, für neugierige radikale Köpfe zu bieten hätte.

Für Platypus besteht die grundlegende gesellschaftliche Spaltung nicht im Klassenkampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie, sondern in einem unorganisierten und klassenlosen Kampf zwischen „Linker“ und „Rechter“. Und für die Platypi gilt: „Die Linke ist tot.“ Platypus verwirft eine proletarische Perspektive und argumentiert, dass die zentrale Kraft, die den US-Imperialismus in der post-sowjetischen Welt aus dem Ausland bekämpft, von der „Rechten“ komme, d.h. von der islamischen Reaktion. Daher unterstützen sie die „Demokratie“ des US-Imperialismus gegen die Völker des Irak als „geringeres“ Übel. Wie Chris Cutrone vor Kurzem in einem seiner ellenlangen Web-Beiträge schrieb: „Ich finde überhaupt keinen Trost in dem Umstand, dass gegen die USA und den politischen Prozess, den sie unterstützen, im Irak ‚Widerstand‘ geleistet wird. In diesem Sinne würde ich es begrüßen, wenn die USA im Irak – gemäß dem, was sie dort zu tun behaupten – ‚erfolgreich‘ wären“ (platypus1917 Yahoo-Gruppe („pyg“), 13. September).1 In einem Brief von 2006 an den Workers Vanguard entschuldigte Cutrone die Verbrechen des US-Imperialismus im Irak, in dem er Folgendes schrieb: „Die Wirklichkeit sieht so aus, dass die US-Truppen im Irak zwischen den irakischen Arbeitern und Linken einerseits und den Aufständischen und der irakischen Regierung nahestehenden Paramilitärs andererseits stehen“ („Exchange on Iraq Occupation“ [„Austausch zur Irak-Besatzung“], Workers Vanguard Nr. 874, 4. August 2006).

Das ist falsch! Die rassistische und räuberische herrschende Klasse der USA – sowohl in Form ihres Demokratischen als auch in Form ihres Republikanischen Flügels – ist ein Feind der Arbeiter und Unterdrückten auf der ganzen Welt! Krieg ist das unausweichliche Ergebnis der kapitalistischen Konkurrenz um Profite, Ressourcen und Märkte. Nur die sozialistische Revolution kann den Krieg als solchen beenden! Jeder Schlag gegen die imperialistischen Besatzer ist ein Schlag im Interesse der Arbeiter und Unterdrückten weltweit. Im Zuge des Einmarschs 2003 haben wir eindeutig für die Verteidigung des Irak Partei ergriffen und zu einem klassenkämpferischen Widerstand gegen den US-Imperialismus aufgerufen. Zugleich sind wir kompromisslose Gegner der islamischen Fundamentalisten und der blutrünstigen Gewalt zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen durch die Überbleibsel der Baathisten. Wir haben davor gewarnt, dass unter Bedingungen der Abwesenheit des Klassenkampfs durch die Arbeiter gegen die Besatzung der Sieg einer dieser Kräfte voraussichtlich durch ein blutiges Bündnis mit dem Imperialismus zustande kommen würde. Angesichts der imperialistischen Kriegsvorbereitungen gegen den Iran behauptet Cutrone absurderweise, er könne den Iran nicht verteidigen, weil „die USA zivilisierter sind“ (pyg, 9. Oktober 2006). Der US-Imperialismus soll „zivilisierter“ sein?! Erzähl‘ das den Opfern, die in Hiroshima und Nagasaki eingeäschert, in Vietnam abgeschlachtet, in Abu Ghraib gefoltert oder im Zuge der menschengemachten rassistischen Gräueltat angesichts des Orkans Katrina dem Ertrinken überlassen wurden. Der Iran braucht Atomwaffen, um sich gegen die blutrünstigen US-Herrscher zu verteidigen. Imperialistische Hände weg vom Iran! Im Rahmen seiner Verteidigung der westlichen bürgerlichen „Demokratie“ und „Zivilisation“ erklärt Cutrone ekelhafterweise, dass „der israelische Staat/die israelische Regierung gegen das, wofür Hamas (und sogar Fatah, z.B. die al-Aqsa-Brigaden) meiner Ansicht nach stehen“, verteidigt werden sollte (pyg, 15. Juni). Wir sagen: Verteidigt das palästinensische Volk! Alle israelischen Truppen, alle Siedler raus aus den besetzten Gebieten! Im Grunde ist der israelisch-palästinensische Konflikt einer zwischen zwei geografisch vermischten Völkern, zwei Bevölkerungsgruppen, die beide das gleiche, kleine Stück Land für sich beanspruchen, deren widersprüchliche nationale Forderungen nicht innerhalb des Kapitalismus gelöst werden können. Die Befreiung Palästinas erfordert die Aussicht auf eine sozialistische Revolution im gesamten Nahen Osten. Wir verteidigen Hamas und Fatah gegen die zionistischen Schlächter, während wir ihnen kein bisschen politische Unterstützung zuteilwerden lassen. Ebenso lehnen wir willkürliche Terrorakte gegen unschuldige israelische Zivilisten, die die hebräischsprachige Bevölkerung in die Arme ihrer eigenen herrschenden Klasse treibt, strikt ab.

Daheim, beim Blick aus dem Elfenbeinturm, verleumdet Cutrone auf widerliche Weise heldenhafte schwarze Kämpfer wie Malcolm X als „pathologisch“ (pyg, 26. April). Die Platypi hassen Malcolm X aus dem gleichen Grund, aus dem die rassistischen kapitalistischen Herrscher ihn fürchteten und hassten: Er war ein unnachgiebiger Kämpfer für die Freiheit der Schwarzen. Obwohl Malcolm X eine marxistische Auffassung der Notwendigkeit fehlte, die multiethnische Arbeiterklasse unabhängig von ihren kapitalistischen Herrschern zu mobilisieren, entlarvte Malcolm X die Heuchelei und Lügen der kapitalistischen Demokratischen und Republikanischen Parteien und verteidigte das Recht auf bewaffnete Selbstverteidigung gegen den Terror des Ku-Klux-Klans und der Polizei. Demgegenüber vertritt Platypus das liberal-integrationistische Programm Martin Luther Kings und Bayard Rustins, das die Bürgerrechtsbewegung an die Demokratische Partei von Rassismus und Krieg kettete, das auf der Illusion beruht, dass die Gleichheit der Schwarzen innerhalb der Grenzen des Kapitalismus errungen werden kann. Der SYC erkennt, dass die Unterdrückung der Schwarzen die Grundlage des amerikanischen Kapitalismus ist und kämpft daher für revolutionären Integrationismus. Wir wollen die Macht der Arbeiter mobilisieren, um jede Form von rassistischer Diskriminierung – wie etwa die rassistische politische Intrige gegen den im Todestrakt sitzenden politischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal und die Jim Crow-„Gerechtigkeit“, die den „Jena Six“ zuteilwurde – zu bekämpfen. Gleichzeitig sind wir uns im Klaren darüber, dass die Freiheit der Schwarzen nicht ohne sozialistische Revolution errungen werden wird. r die Befreiung der Schwarzen durch sozialistische Revolution!

Die akademische „marxsche“ Überheblichkeit von Platypus läuft auf wenig mehr hinaus als ein paar marxistische Begriffe – Warenfetischismus, Entfremdung –, die ihres revolutionären Inhalts entledigt und in einen Schleier aus Kauderwelsch gehüllt von solchen „Theoretikern“ wie dem öden deutschen Antikommunisten Theodor Adorno abgeschrieben wurden. Platypus‘ heiße Luft hat rein gar nichts mit dem gemein, was Marx selbst als das wesentlichste begriff, nämlich „daß der Klassenkampf notwendig zur Diktatur des Proletariats führt“ (Brief an Joseph Weydemeyer, 5. März 1852). Wie Lenin in Staat und Revolution erklärte: „Ein Marxist ist nur, wer die Anerkennung des Klassenkampfes auf die Anerkennung der Diktatur des Proletariats erstreckt. Hierin besteht der tiefste Unterschied des Marxisten vom durchschnittlichen Klein- (und auch Groß-) Bourgeois.“

Die Russische Revolution 1917 stellt die Gretchenfrage der Diktatur des Proletariats auf unverblümte Weise. Der Kleinbürger Cutrone spottet, dass „die Bolschewistische Revolution fast von Anfang an ein Desaster“ und „im Laufe der Zeit – mindestens seit 1918 – immer weniger zu verteidigen war“ (pyg, 20. März). 1918 war wohlgemerkt das Jahr, in dem die Bolschewiki die Bourgeoisie enteigneten und imperialistische Truppen einmarschierten, um den jungen Arbeiterstaat zu zerschlagen. Als Trotzkisten feiern wir die Bolschewistische Revolution! Trotz der stalinistischen Degeneration, die in den Jahren 1923/24 begann, kämpften wir für die bedingungslose militärische Verteidigung der Sowjetunion gegen imperialistische Angriffe und die Konterrevolution. Cutrone tut auch die Niederlage des US-Imperialismus durch die vietnamesischen Arbeiter und Bauern als „Pyrrhussieg“ ab. Es gab nichts „Pyrrhisches“ an dem großartigen Sieg des arbeitenden vietnamesischen Volkes, das die amerikanische und nationale Bourgeoisie durch eine soziale Revolution stürzte. Diese heftige Niederlage brachte auch das „Vietnam-Syndrom“ hervor, das dazu beitrug, dem US-Imperialismus für über ein Jahrzehnt militärisch das Handwerk zu legen. Heute verteidigen wir die restlichen deformierten Arbeiterstaaten – China, Vietnam, Kuba und Nordkorea – und rufen gleichzeitig zur proletarischen politischen Revolution auf, um die stalinistischen Bürokratien zu stürzen.

Die unverhohlene Unterstützung der Platypi für die neokoloniale Besatzung des Irak unterscheidet sie vielleicht etwas von anderen reformistischen Linken, die am SAIC und der U of C aktiv sind, wie etwa die International Socialist Organization (ISO), die Revolutionary Communist Party (RCP), Spark und die Socialist Alternative (SAlt). Nicht, dass das die ISO davon abgehalten hätte, sich beim ach-so-genossenhaften Dialog mit Cutrone auf der Platypus-Veranstaltung zum Thema „Imperialismus“ am 30. Januar die Finger schmutzig zu machen. Genau betrachtet stehen diese anderen Möchtegern-Sozialisten ebenso wie Platypus für die Klassenkollaboration mit dem Imperialismus. Auch sie sind anti-marxistische Gegner der revolutionären Arbeiterbewegung. Sie unterstützten enthusiastisch die anti-sowjetischen Kriegsanstrengungen der kapitalistischen Herrscher in den 1980ern, ergriffen Partei für die vom Imperialismus unterstützten islamischen Reaktionäre gegen die Rote Armee in Afghanistan und bejubelten die Jelzin/Bush-Konterrevolution, die die Sowjetunion 1991/92 stürzte. Keine dieser Gruppen bezog 2003 für die Verteidigung des Irak Stellung. Stattdessen offenbaren ISO, RCP, Spark und SAlt ihr Vertrauen in den kapitalistischen Klassenfeind, indem sie versuchen, eine „Antikriegsbewegung“ aufzubauen, die aus „friedensliebenden“ Menschen aller verschiedenen Klassen besteht, um die imperialistischen Herrscher dazu zu bringen, die Besatzung zu beenden und Mittel für „Arbeitsplätze statt Krieg“ zur Verfügung zu stellen. Ihr Ziel besteht lediglich darin, die Demokratische Partei – die andere Partei des rassistischen US-Imperialismus – unter Druck zu setzen, dem kapitalistischen Profitsystem ein „menschlicheres“ Gesicht zu geben.

Im scharfen Gegensatz dazu kämpft der SYC dafür, alle Illusionen zu zerstreuen, dass der Kapitalismus reformiert werden kann, um den Interessen aller Arbeiter und Unterdrückten gerecht zu werden. Wir kämpfen für die sozialistische Revolution unter der Führung einer proletarischen Avantgarde-Partei wie Lenins und Trotzkis Bolschewiki. Junge Interessenten, die sich diesem Kampf anschließen wollen, sollten sich unser revolutionäres trotzkistisches Programm und unsere Literatur genauer ansehen.

Chicago Spartacus Youth Club

6. November 2007 |P


1. Alle Datums-Angaben ohne Jahreszahl beziehen sich auf das Jahr 2007 (Anm. d. Übers).